Seelze – Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie stellen die Stadt Seelze vor neue finanzielle Herausforderungen. Nach aktuellem Stand rechnet die Stadt Seelze mit Einnahmeeinbußen im mittleren einstelligen Millionenbereich.
„Da die Situation weiterhin sehr dynamisch ist, handelt es sich hierbei nur um eine erste Einschätzung, unter anderem auf Grundlage der aktuellen Steuerschätzung“, betont Seelzes Erster Stadtrat Steffen Klingenberg. „Wie groß die Ertragseinbußen tatsächlich sein werden, ist sehr schwer zu sagen, da dies von vielen verschiedenen Faktoren abhängt“, erläutert Antje Ziebarth, Leiterin des Teams Haushalt & Controlling. Dennoch seien mit Blick auf die andauernde Pandemielage und die notwendigerweise ergriffenen Infektionsschutzmaßnahmen erste Prognosen der wirtschaftlichen Folgen und der Auswirkungen auf den städtischen Haushalt möglich.
Der städtische Haushaltsansatz für die Anteile an der Einkommens- und Umsatzsteuer für 2020 liegt bei rund 18 Millionen Euro. Die regionalisierte Steuerschätzung des Niedersächsischen Finanzministeriums von Mitte Mai prognostiziert in diesem Bereich für die Stadt Seelze Einbußen in Höhe von rund 1,5 Millionen Euro. „Im Hinblick auf die mittelfristige Finanzplanung würde dies eine Mindereinnahme von rund 1,2 Millionen Euro bedeuten“, sagt Antje Ziebarth.
Maßgeblich für die Kommunen und somit auch für Seelze ist vor allem auch die Gewerbesteuer. Mit einem Ansatz von 14 Millionen Euro bildet sie die zweithöchste Einnahmeart im Haushalt der Stadt Seelze. Bundesweit gehen die Finanzbehörden von einem Einbruch von rund 25 Prozent bei den Gewerbesteuereinnahmen aus. Verantwortlich für diesen Rückgang seien vor allem Stundungen und die Absenkung der Vorauszahlungen. Bisher seien nur wenige Stundungsanträge bei der Stadt eingegangen, betont Antje Ziebarth. Die Auswirkungen der Krise würden auch nicht alle Unternehmen und Wirtschaftszweige im gleichen Umfang treffen. „Mit der heterogenen Struktur der Gewerbesteuerzahler ist Seelze hier gegenüber den Kommunen, in denen es eine starke Branchen- oder gar Betriebsabhängigkeit gibt, im Vorteil“, erklärt Steffen Klingenberg. Da die Gewerbesteuereinnahmen systembedingt die wirtschaftliche Situation der Betriebe in den Vorjahren wiedergibt, würden konjunkturelle Veränderungen allerdings auch erst zeitversetzt durchschlagen. „Eine Prognose für die mittelfristige Finanzplanung gestaltet sich daher hier sehr schwierig“, sagt der Erste Stadtrat. Nach derzeitigem Stand rechne die Stadt Seelze mit einer Einnahmeeinbuße von rund 20 Prozent und somit rund 2,8 Millionen Euro weniger Gewerbesteuer.
Weitere Auswirkungen auf die Einnahmesituation der Stadt ergeben sich aus den ausgefallenen Gebühren im Bereich der Betreuungs- und Bildungsangebote. Die Einnahmeeinbußen durch die seit Mitte März zugunsten des Infektionsschutzes weitgehend eingestellte Kinderbetreuung liegen bei etwa 65.000 Euro pro Monat. Die Einbußen für den Zeitraum bis Ende Mai betragen somit insgesamt 162.000 Euro. Für die Musikschule wurden im April keine Gebühren erhoben, da in diesem Monat kein Unterricht angeboten werden konnte. Dadurch kam es dort zu Mindereinnahmen von 15.000 Euro. Starke Einbußen verzeichnete zudem die Volkshochschule Calenberger Land, die seit Mitte März keine Kurse anbieten konnte. In einer Vorlage schlägt die Verwaltung dem Rat der Stadt Seelze daher vor, im Jahr 2020 außerplanmäßig bis zu 108.480 Euro für eine möglicherweise erforderliche Erhöhung der Verbandsumlage für die Volkshochschule bereitzustellen.
Darüber hinaus sei mittelfristig entscheidend, wie sich die Einnahmesituation auf die Schlüsselzuweisungen des Landes und die Umlage der Region Hannover auswirkt, betont Steffen Klingenberg. Der Haushaltsansatz für die Schlüsselzuweisungen des Landes Niedersachsen an die Stadt Seelze liegt bei 12 Millionen Euro für das laufende Jahr. Maßgeblich für die Höhe der Zuweisung ist – neben der absoluten Verteilsumme im Land Niedersachsen – vor allem auch die Steuerkraft der einzelnen Kommune. „Je höher diese im Vergleich zu den anderen Kommunen im Land ist, desto niedriger fällt die Umlage aus.“ Gleichermaßen hängt die zu zahlende Regionsumlage mit einem Ansatz von fast 17 Millionen Euro für 2020, neben den von der Regionsversammlung festgesetzten Hebesätzen, von verschiedenen Faktoren ab. Es besteht eine gegenseitige Abhängigkeit gegenüber den Erträgen aus Steuern und der Schlüsselzuweisung.
Erste belastbarere Tendenzen ergeben sich aus den Orientierungsdaten im Sommer 2020. Eine weitaus aussagekräftigere Prognose zur Entwicklung der Schlüsselzuweisung könne aber erst im November 2020 mit dem vorläufigen Festsetzungsbescheid für den kommunalen Finanzausgleich gemacht werden. „Aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ist sowohl mit einem Rückgang der Schlüsselzuweisungen als auch der zu zahlenden Regionsumlage zu rechnen“, erläutert Steffen Klingenberg.
SCN/la