Drohende Wohnungslosigkeit: Stadt Seelze kann 170 Betroffenen helfen

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Seelze – Plötzlich kein Dach mehr über dem Kopf – vor dieser beängstigenden Situation standen im vergangenen Jahr rund 170 Seelzerinnen und Seelzer aus 120 Wohnungen. Damit gehörte die Hilfe bei sogenannten Wohnungsnotfällen auch 2019 zu einem der wichtigsten und zugleich erfolgreichen Unterstützungsangebote im Bereich der sozialen Arbeit der Stadt Seelze, denn allen Betroffenen konnte die Stadtverwaltung helfen.

„Es gibt unterschiedliche Gründe dafür, dass Menschen buchstäblich auf der Straße landen“, erläutert Stefan Oltsch, Leiter der Abteilung Soziale Betreuung der Stadtverwaltung. Oft könnten die Betroffenen schlicht die Miete nicht mehr zahlen. Hohe Schulden, eine unerwartete Nebenkostennachzahlung oder auch Suchterkrankungen könnten dazu führen, dass einfach kein Geld mehr für die Miete übrig ist. Aber auch aufgrund eines Eigenbedarfs der Vermieterin oder des Vermieters sowie unrechtmäßigen Mietminderungen komme es dazu, dass die Wohnung gekündigt wird.

Während sich die Betroffenen auf das Ende eines gekündigten Mitverhältnisses noch vorbereiten können, gebe es auch vielfach sehr kurzfristige Gründe für eine Wohnungslosigkeit – etwa nach Trennungen oder Streit mit der Familie oder den WG-Partnern. „Manchmal verlieren Menschen ihre Wohnung auch wegen baulicher Mängel oder durch Haus- und Wohnungsbrände ganz plötzlich“, sagt Oltsch.

Im Jahr 2019 gab es in Seelze 120 gemeldete Wohnungsnotfälle, davon 28 Kündigungen, 40 Räumungsklagen und 52 drohende Wohnungsverluste aus anderen Gründen. Lediglich 22 Seelzerinnen und Seelzer mussten in diesen Fällen vorübergehend in einer städtischen Unterkunft untergebracht werden. In allen anderen Fällen konnte der Verlust der Wohnung abgewendet werden oder mit Hilfe der Wohnraumvermittlung der Stadt Seelze rechtzeitig neuer Wohnraum beschafft werden.

Dabei gilt stets: Wer von Wohnungslosigkeit betroffen ist, erhält bei der Stadtverwaltung schnelle und unbürokratische Hilfe. Sobald Räumungsklagen eingehen oder Räumungstermine festgelegt werden, informiert das Amtsgericht automatisch die entsprechenden Stellen in der Stadtverwaltung, so dass den Betroffenen sofort Hilfe angeboten werden kann, um Obdachlosigkeit zu vermeiden. Andere drohende Wohnungsnotfälle werden auch direkt von den Vermietern gemeldet.

Die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter der städtischen Abteilung Soziale Betreuung nehmen dann sofort Kontakt zu den Betroffenen auf – und die Hilfe wird in der Regel dankbar angenommen. „Mich hat noch nie jemand weggeschickt, wenn wir unsere Hilfe angeboten haben“, sagt Thilo Quanz, der seit vier Jahren in Seelze Menschen in Notlagen aller Art unterstützt. Wenn die Betroffenen noch keine neue Wohnung gefunden haben, muss schnell gehandelt werden. „Manchmal können wir den Wohnungsverlust noch abwenden, wenn Streitigkeiten mit den Vermieterinnen und Vermietern beigelegt werden können oder Darlehen für Mietschulden möglich sind“, weiß Sachbearbeiterin Anika Voss. „Daher unterstützen wir die Betroffenen bei der Kontaktaufnahme zu den Vermieterinnen und Vermietern, wir vermitteln an den Mieterschutzbund oder die Schuldnerberatung, oder wir begleiten unsere Klientinnen und Klienten zum Jobcenter.“

Eine neue Wohnung zu finden, sei dagegen oft problematisch: Viele Menschen verfügen über sogenannte Zugangsschwierigkeiten auf dem Wohnungsmarkt. Wer mal im Gefängnis war, wer keiner geregelten Tätigkeit nachgeht, wer einen Schufa-Eintrag hat oder wer sehr jung oder sehr alt ist, hat es gewöhnlich schwer, auf dem freien Markt eine Wohnung zu finden. Auch Diskriminierungen aufgrund der Herkunft trügen dazu bei. So hat eine im Januar veröffentlichte Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes ergeben, dass auch ein ausländischer Name oder ein starker Akzent teils eine entscheidende Rolle spielen, um als Wohnungsinteressent abgelehnt zu werden.

Um diesen Problemen entgegenzuwirken, kooperieren die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter der Abteilung Soziale Betreuung eng mit der Wohnungsvermittlung, den Integrationslotsinnen und Integrationslotsen und den Sachbearbeiterinnen und Sozialarbeitern für die Sozialen Leistungen der Stadtverwaltung oder auch des Jobcenters. „Wir helfen auch, Schufa-Einträge zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren“, erklärt Voss.

Aber nicht jeder, der keine Wohnung hat, ist auch obdachlos: Wer bei Freunden oder Verwandten unterkommen kann oder wer sich vorübergehend ein Hotel oder eine einfache Unterkunft leisten kann, der ist auch dazu verpflichtet – und erhält auch dabei Unterstützung. „Wir rufen durchaus auch mal bei den Eltern an und sorgen dafür, dass der rausgeworfene erwachsene Sohn doch wieder zuhause Unterschlupf erhält“, erzählt Quanz.

Der Wohnungsmarkt in Seelze ist grundsätzlich sehr angespannt und die Zahl an geförderten Sozialwohnungen, die berechtigten Menschen zur Verfügung gestellt werden können, ist gering. Wenn die Betroffenen keine neue Wohnung oder andere Bleibe finden, erhalten sie vorübergehend in städtischen Wohnungen oder Obdachlosenunterkünften einen Platz.

„Die wichtigste Botschaft ist: In Seelze landet niemand auf der Straße“, sagt Stefan Oltsch. Notunterkünfte seien immer nur eine vorübergehende Lösung. Die Stadt helfe diesen Menschen, bald wieder auf eigenen Füßen zu stehen. „Unser Ziel ist, dass die Betroffenen möglichst schnell wieder eigene Wohnungen beziehen und ihr Leben selbstverantwortlich gestalten können“, betont Oltsch.

Die Unterstützung bei einem drohenden Verlust der Wohnung wird auch im laufenden Jahr ein wesentliches Angebot der Abteilung Soziale Betreuung sein. Die Beschäftigten sind in den offenen Sprechzeiten montags von 8.30 bis 12 Uhr und donnerstags von 13.30 bis 15.30 Uhr persönlich im Rathaus zu sprechen. Thilo Quanz und seine Kolleginnen und Kollegen sind zudem unter Telefon 05137 828337 oder per E-Mail an [email protected] erreichbar. Weitere Kontaktdaten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abteilung Soziale Betreuung sind auf der Internetseite der Stadt Seelze www.seelze.de zu finden.

SCN/la