Ein Jahr Bertolt-Brecht-Gesamtschule: Schüler und Lehrer ziehen positive Bilanz

Die Lehrerinnen Rebekka Amthor (hintere Reihe, von links) und Stefanie Schebitz, Schulleiterin Regina Schlossarek-Aselmeyer und die Schülerinnen und Schüler der Klasse 5d präsentieren ihren Klassenraum und ihre Unterrichtsmedien und blicken auf ein gelungenes erstes Schuljahr an der Bertolt-Brecht-Gesamtschule zurück (Foto: Stadt Seelze)

Die Bertolt-Brecht-Gesamtschule hat ihr erstes Schuljahr hervorragend gemeistert. Darin sind sich die Schülerinnen und Schüler wie auch die Lehrerinnen und Lehrer der neuen Integrierten Gesamtschule (IGS) einig.

„Ich habe bemerkt, dass hier eine besondere Beziehung zwischen den Schülerinnen und Schülern und den Lehrerinnen und Lehrern entstanden ist“, zieht Schulleiterin Regina Schlossarek-Aselmeyer eine positive Bilanz. „Die Schülerinnen und Schüler fühlen sich angenommen, wertgeschätzt und bestätigt“, betont sie. Dadurch seien viele von ihnen besonders motiviert und ehrgeizig.

In allen Klassen des ersten fünften Jahrgangs der IGS habe sie beobachten können, dass Schülerinnen und Schüler ganz unterschiedlicher Niveaus wunderbar zusammenarbeiten und das pädagogische Konzept der neuen Schulform aufgegangen sei. „Wir konnten feststellen, dass unsere Überlegungen zu den verschiedenen Lernniveaus richtig waren“, sagt Aselmeyer. Und nicht nur das. „Es ist auch ein ganz toller Zusammenhalt in den Klassen entstanden“, lobt sie.

Tablet-Computer statt Bücher: Nicholas (von links), Jana, Joëlle und Chiara (alle 11) aus der
Klasse 5e arbeiten wie alle Schülerinnen und Schüler der IGS regelmäßig mit I-Pads. Ihre
Ergebnisse halten sie in der Regel handschriftlich auf Arbeitsblättern und in Heften fest, nutzen
die Geräte aber auch oft für Präsentationen von Unterrichtsergebnissen (Foto: Stadt Seelze)

Dies sei insbesondere ihrem hoch motivierten Kollegium zu verdanken. „Ich habe ein wunderbares Team, das sich über das übliche Maß hinaus für die Unterrichts- entwicklung einsetzt und das Vorgehen auch ständig evaluiert“, schwärmt die Schulleiterin. Dabei hätten alle Beteiligten durchaus einen Prozess durchlaufen, um das schulische Konzept mit Leben zu füllen. „Es hat gedauert, die Schülerinnen zu einer Selbstständigkeit hinzuführen, doch mittlerweile haben sie das verinnerlicht“, nennt Lehrerin Rebekka Amthor ein Beispiel. Statt sofort die Lehrerin zu fragen, würden sich die Fünftklässler selbst organisieren und untereinander helfen.

Diese hohe Eigenständigkeit wirke sich in den Klassen mit bis zu 30 Schülerinnen und Schülern sehr positiv auf den Unterricht aus. „Ich hatte noch nie so viel Zeit, mich so lange einem  einzelnen Schüler zu widmen, wie jetzt“, sagt Amthor. Insbesondere in den sogenannten Lernbüros sei diese Selbstständigkeit aber auch gefordert. „Wir entscheiden, in welchen Raum wir gehen und ob wir in Deutsch, Mathe oder Gesellschaftslehre arbeiten wollen“, beschreibt Julia (11) das offene Lernkonzept, das montags bis donnerstags jeweils zwei Unterrichtsstunden umfasst. Die Entscheidungsfreiheit umfasst auch den Schwierigkeitsgrad, bei dem die Schülerinnen und Schüler zwischen den Lernniveaus leicht, mittel und schwer wählen können.

„Wenn wir Fragen haben, fragen wir erst unseren Tischnachbarn und nur, wenn der nicht weiter weiß, den Lehrer“, erzählt Dennis (11). In einem Logbuch notieren die Fünftklässler anschließend, welche Aufgaben sie bearbeitet haben. „Wir müssen uns selbst organisieren, und das finde ich sehr gut“, sagt Sean (11). „Es gibt ja schließlich die Kritik, dass die Kinder zu wenig selbstständig in der Schule arbeiten – und hier können wir das“, betont er. Auch die modernen Unterrichtsmedien kommen gut bei den Schülerinnen und Schülern an. „Hier ist mit den I-Pads alles anders“, zieht Linda (13) mit Blick auf die Tablet-Computer, mit denen die Fünftklässler viele Aufgaben bearbeiten, einen Vergleich zur Grundschule. In der IGS müsse er nicht mehr so viele Bücher schleppen, sieht Pierre (11) einen großen Vorteil.

Viele weitere Vorteile sehen ihre Lehrer Michael Walter und Patrick Marcus in der Attraktivität und dem Potenzial der neuen Medien. „Aufgrund der Form ist die Motivation insgesamt viel höher, sich mit einem Thema zu beschäftigen“, sagt Patrick Marcus. Mithilfe der I-Pads und der in jedem Klassenraum verfügbaren interaktiven Tafeln mit Projektoren – sogenannten Visu-Boards – könnten die Schülerinnen und Schüler unkompliziert Ergebnisse präsentieren und die Lehrer auch kurzfristig auf neues Material von Kollegen oder auf Lehrvideos zugreifen, erläutert Michael Walter. „In Deutsch kann ich zum Beispiel auch gut mit Audiodateien arbeiten“, hebt Rebekka Amthor hervor. Ein solcher Einsatz sei in weniger modern ausgestatteten Klassenräumen nur mit deutlich höherem Aufwand denkbar. „Ein ganz wichtiger Punkt ist auch, dass die Schülerinnen und Schüler lernen, dass ein I-Pad kein Spielzeug, sondern in erster Linie ein Arbeitsgerät ist“, sagt Walter. Auf diese Weise werde ihre Medienkompetenz gestärkt. Allerdings sei der Einsatz der digitalen Medien für die Lehrer insbesondere in der Vorbereitung sehr arbeitsintensiv. „Dafür ist aber der Unterricht dann sehr entspannt,“ befindet er.

Für Michael Walter stehen aber nicht nur die neuen Medien für einen ganz neuen Unterricht an der IGS. „Ich war vorher an der Realschule – und hier ist es schon ein ganz anderes Arbeiten“, betont er. „Die Schülerschaft ist noch heterogener, so dass ich mich noch stärker auf jeden Schüler und seine Bedürfnisse einstellen muss.“ Die eingesetzten Medien würden dafür viele Möglichkeiten der Differenzierung bieten. Zugleich sei es wichtig, das pädagogische Konzept wie auch an anderen Schulen ständig zu verfeinern. „Es gibt immer Dinge, die sich anders entwickeln, als wir uns das vorgestellt haben“, erläutert Walter. So habe das Kollegium aus der Arbeit in Gesellschaftslehre festgestellt, dass eine zusätzliche Unterrichtsstunde sinnvoll ist, um den Schülerinnen und Schülern bestimmte Methoden zu vermitteln, die sie dann in den Lernbüros anwenden können.

Aus baulicher Sicht haben die Lehrerinnen und Lehrer alle Möglichkeiten, das pädagogische Konzept auch im zweiten Jahr der IGS mit Leben zu füllen und weiterzuentwickeln. „Das, was wir uns vorgenommen haben, ist umgesetzt worden“, sagt Claudia Kahlert, Projektleiterin der Stadt Seelze. Die bisherigen Investitionen in die neue, vom Rat beschlossene Schulform hätten sich rundum gelohnt. Mit dem Umbau weiterer Räume wird der Einzug des nächsten fünften Jahrgangs der Bertolt-Brecht-Gesamtschule aktuell vorbereitet. Auch diese Räume werden in freundlichen Farben gestaltet und von den Möbeln bis zu den Medien wie die Räume des ersten IGS-Jahrgangs ausgestattet. Dies sei nicht zuletzt bei den Eltern sehr gut angekommen hebt Schulleiterin Regina Schlossarek Aselmeyer hervor. „Auch die Schülerinnen und Schüler gehen mit den Tischen, Stühlen und Visu-Boards sehr wertschätzend um“, unterstreicht Lehrerin Rebekka Amthor.

SCN/ap