Hannover: 7.900 Minijobs im Corona-Jahr verloren gegangen

Foto: IG BAU / In der Gebäudereinigung sind Minijobs besonders stark verbreitet –und werden für die Betroffenen häufig zur Armutsfalle. Die IG BAU fordert, 450-Euro-Stellen sozialversicherungspflichtig zu machen.

Seelze – Wenn der Minijob zur Falle wird: In Stadt und Region Hannover sind im vergangenen Jahr rund 7.900 geringfügig entlohnte Arbeitsverhältnisse weggefallen. Innerhalb von zwölf Monaten sank ihre Zahl um sieben Prozent auf zuletzt 104.000, wie die Industriegewerkschaft BauenAgrarUmwelt mitteilt. Die IG BAU beruft sich hierbei auf neue Zahlen der Bundesagentur für Arbeit. „Der Rückgang zeigt, dass Minijobs alles andere als krisenfest sind. In unsicheren Zeiten kürzen Firmen zuerstbei den 450EuroKräften, die allerdings weder Anspruch auf das Kurzarbeiter noch auf das Arbeitslosengeld haben“, kritisiert Stephanie Wlodarski.DieBezirksvorsitzendeder IG BAU NiedersachsenMittefordert, Lehren aus der Pandemie zu ziehen und Betroffene besser zu schützen. Minijobs müssten ab dem ersten Euro sozialversicherungspflichtig werden.

In der Gebäudereinigung seien prekäre Arbeitsverhältnisse besonders stark verbreitet und würden insbesondere für Frauen zum Karriereund Armutsrisiko. Laut Arbeitsagentur zählten die Reinigungsfirmen inStadt und Region Hannover Ende vergangenen Jahres rund 5.200 Beschäftigte, die einen Minijob als alleiniges Einkommen haben. Das sind 29 Prozent aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Branche. Die IG BAU rät Beschäftigten, die während der Pandemie ihren Minijob verloren haben oder um dessen Verlust fürchten, Hilfe bei der Gewerkschaft zu suchen.

„Die Politik setzt mit denabgabenfreien Minijobs schon seit Jahren falsche Anreize. Die CoronaKrise hat klargemacht, dass diese Stellen eine arbeitsmarktpolitische Sackgasse sind. Es ist höchste Zeit, die Sozialversicherungsfreiheit für 450EuroJobs abzuschaffen“, so Wlodarski. Nur wenn für die Beschäftigten künftig Beiträge zur Arbeitslosen, Kranken, Pflegeund Rentenversicherung gezahlt würden, könnten sie wirksam geschützt werden.

Es sei zu begrüßen, dass sich auch SPD, Grüne und Linke für eine grundlegende Reform der Minijobs einsetzten. Die nächste Bundesregierung müsse das Thema dringend anpacken. Die von der Union geforderte Anhebung der Verdienstgrenze auf 550 Euro sei hingegen der falsche Weg und würde die prekäre Beschäftigung ausbauen, statt sie einzudämmen, warnt die IG BAU.

Nach einer Studie der BertelsmannStiftung sind im Zuge der CoronaPandemie bundesweit 870.000 Minijobs verloren gegangen. Die Autoren plädieren dafür, solche Stellen in die Sozialversicherungspflicht einzubeziehen und gleichzeitig niedrige Einkommen deutlichgeringer zu besteuern. Damit könnten bis zum Jahr 2030 knapp 170.000 zusätzliche TeilzeitJobs.

SCN/cu